Führungsskills im Hausbau: Das habe ich gelernt
Inhalt
Wir wachsen an unseren Herausforderungen
Vor 4 Wochen sind wir endlich umgezogen und jetzt, wo der Handwerkerstrom langsam weniger wird, wage ich es, ein Resümee der letzten 12 Monate zu ziehen. Während ich das schreibe, realisiere ich gerade: WOW, es waren tatsächlich nur 12 Monate! Vor ziemlich genau 12 Monaten haben wir von diesem Hausverkauf erfahren. Was folgte, war ein kleiner Nervenkrieg bis wir im Juni 2023 endlich den Notarvertrag unter Dach und Fach gebracht haben. Dann begann die „kleine“ Sanierung, die letztlich in eine Kernsanierung ausuferte, die wir aber tatsächlich in 7 Monaten durchgezogen haben. Eine nervenaufreibende Zeit, keine Frage und sicherlich auch eine Zeit, nach der ich sagen kann: Wir wachsen an unseren Herausforderungen!
Das gilt auch im Job. Vor allen Dingen für neue Führungskräfte, die mit ihrer ersten Führungsverantwortung in eine neue Karrierephase eintreten. Während der letzten Monate unserer Haussanierung habe ich einige Fähigkeiten wieder entdeckt und geschult, die sich überraschend gut auf die Führungsrolle übertragen lassen.
Hier kommen die Top 5, die auch für deinen Führungserfolg entscheidend sind!
Skill: Resilienz
Anfangs sah es vielversprechend aus. Wir waren die zweiten Interessenten, die das Haus besichtigt haben und haben uns gut mit der Eigentümerin verstanden, die unsere Kinder wunderbar fand. Und das Wichtigste: wir hatten sofort beide ein gutes Bauchgefühl im Haus, eine echte Seltenheit. Aber dann ging irgendwie vieles schief, das Haus war anderweitig vergeben und die Enttäuschung riesig. Aber dann konnten wir den Spieß noch einmal rumdrehen und am Ende unser Haus kaufen. Es war der reinste Nervenkrieg. Aber hätten wir uns nach der ersten Enttäuschung nicht schnell wieder berappelt und wären wieder in den Ring gestiegen, dann wären wir wahrscheinlich immer noch verzweifelt auf Haussuche.
Ganz ähnlich geht es neuen Führungskräften. Plötzlich sind sie mehr Verantwortung, Sichtbarkeit und Druck ausgesetzt. Aber wer mehr entscheidet und bewegt hat natürlich auch ein höheres Risiko vor Rückschlägen. Die Fähigkeit, sich davon nicht unterkriegen zu lassen und lösungsorientiert zu bleiben entscheidet über den Erfolg.
Skill: Micromanagement unerwünscht
Da wir nicht selbst vor Ort waren, haben wir uns für eine Bauleitung entschieden. Trotzdem hatten wir anfangs irgendwie das Gefühl, wir müssten uns einbringen, auch mal direkt mit den Handwerkern sprechen, schnell nachhaken, wenn wir binnen 24 Stunden keine Antwort erhalten hatten. Irgendwann nahm uns unser Bauleiter zur Seite und bat uns, ihm und den Handwerkern mehr Vertrauen zu schenken, alles andere würde die Baustelle nur verrückt machen. Und er hatte natürlich Recht. Denn er hatte das Netzwerk an Handwerkern und wusste viel besser als wir, wie man mit ihnen spricht und arbeitet.
Nicht anders ergeht es gerade neuen Führungskräften, die oft erst lernen müssen abzugeben, nicht nur Aufgaben, sondern auch Kontrolle. Nur so kann sich Mitarbeiterpotenzial überhaupt entfalten. Und nur so kann ich mich als Führungskraft auch auf meine eigentliche Aufgabe konzentrieren, die sicher nicht darin besteht, alles Operative selbst zu machen. Deshalb stelle ich diese Frage auch ganz offen an meine Führungskräfte, mit denen ich zusammenarbeite: Was ist eigentlich deine Aufgabe?
Skill: Klare Ansagen
Wir haben dann schließlich einen guten Modus gefunden, mit unserem Bauleiter zusammenzuarbeiten. Zwischendurch hatten wir aber dann doch das Gefühl, dass die Dinge, die uns wichtig waren, nicht ernst genug genommen wurden. Und da erinnere ich mich an zwei deutliche Gespräche, die wir geführt haben, um unserem Bauleiter klipp und klar zu sagen, was wir nicht in Ordnung finden. Ich weiß noch, dass ich mir vorher genau zurechtgelegt habe, was ich sage, damit das Gespräch nicht von Frust und Vorwürfen geprägt ist. Denn eins ist auch klar, dem anderen Freiheiten lassen funktioniert nur, wenn Absprachen eingehalten werden, ansonsten fühlt sich der innere Micromanager sofort bestätigt.
Bei vielen meiner Führungskräfte, mit denen ich zusammenarbeite, beobachte ich Zurückhaltung, klare Worte zu finden und Konflikte im Team anzusprechen. Keiner will als zu „bossy“ rüberkommen und die meisten sind eher konfliktscheu, auch weil wir im Unternehmen gelernt haben: Besser nicht anecken! Was ich dann oft empfehle, ist ein Onboarding Meeting, sobald die Führungskraft in ihrer neuen Rolle ist. Ziel eines solchen Onboarding Meetings ist es, dass sowohl Führungskraft als auch Mitarbeiter ihre Erwartungen aneinander klar formulieren und gemeinsame Spielregeln aufstellen. Nach den ersten drei Monaten gibt es dann einen Check-up. Ein solcher offizieller Rahmen kann helfen, auch unangenehme Dinge anzusprechen.
Skill: Triff eine Entscheidung und leb‘ damit
Insgesamt haben wir viel Glück mit unseren Handwerkern gehabt, mit Ausnahme des Malers, der war eine Katastrophe. Sowohl zeitlich als auch qualitativ blieb er weit hinter unseren Absprachen und Erwartungen zurück. Letztlich mussten wir kurzfristig weitere Malerbetriebe hinzuzuholen, um unseren Einzugstermin halten zu können. Ich kann gar nicht zählen, wie oft wir uns über unsere Malerwahl schwarzgeärgert haben. Irgendwann habe ich mir gesagt: Stopp, diese Person hat genug Schaden angerichtet. Zum damaligen Zeitpunkt und mit den Informationen, die uns da zur Verfügung standen, haben wir die richtige Entscheidung getroffen. Punkt.
Als Führungskraft musst du dauernd Entscheidungen treffen: Wer soll die Stelle bekommen, wen schicke ich zur Weiterbildung, wer soll den nächsten Projektlead übernehmen, wie viel Budget plane ich für das nächste Jahr ein, …? Entscheidungen überlegt, aber dann auch sicher treffen zu können, ist eine absolute Kernkompetenz. Ehrlich gesagt, sind die wenigsten dazu in der Lage, weil sie sich schon jetzt vor den Konsequenzen fürchten: Was, wenn ich falsch entscheide? Ja was, wenn…? Manchmal hilft es, uns dieses Szenario auszumalen, weil es dann seinen Schrecken verliert und wir feststellen: eigentlich kann gar nicht viel Schlimmes passieren. Und es hilft, mit kleinen Entscheidungen anzufangen. Je mehr Übung wir darin haben, desto routinierter und sicherer werden wir.
Skill: Nobody is perfect. Am Ende auch mal 5e gerade sein lassen.
Jetzt sind wir eingezogen und natürlich haben wir noch Mängel festgestellt. Die Klos in den Bädern tropfen, der Kamin funktioniert noch nicht und besagte Malermängel sind auch bei Weitem nicht alle ausgebessert. Aber deswegen den Einzug verschieben oder sich weiter rumärgern? Auf keinen Fall. Das Gesamtbild ist toll geworden. Zugegeben, die ersten Macken sind bitter. Denn es hat natürlich keine zwei Tage gedauert, da haben unsere Kinder bereits ihre Handabdrücke an den frisch gestrichenen Händen verewigt und das erst Glas hat eine dicke Macke im Parkettboden hinterlassen. Super ärgerlich, aber wir sind ja hier auch nicht im Museum!
Also, perfektionistische Chefs und Chefinnen aufgepasst! Damit stellen wir uns in der Regel selber ein Bein, weil wir uns und unser Team dadurch extrem unter Druck setzen und die eigenen Kapazitätsgrenzen überschreiten. Mit der goldenen 80-20-Regel fahren wir in der Regel deutlich besser! Leichter gesagt als getan, oder? Ich habe mir angewöhnt, meinen hohen Ansprüchen auch immer mit der Frage zu begegnen: Was ist jetzt am pragmatischsten?
Welche Fähigkeit möchtest du noch weiterentwickeln? Let’s talk!