Meine Sehnsucht, produktiv zu sein
Seit Anfang des Jahres sind wir stolze Haus- und Gartenbesitzer. Der Garten ist neues Terrain für mich, aber ich stelle fest, dass mir die Gartenarbeit großen Spaß macht. Selten komme ich mir so produktiv vor, als wenn ich eine Stunde im Garten gewerkelt habe. Ich habe etwas mit den Händen geschaffen und es ist ein sichtbares Ergebnis da.
Aber sind das die entscheidenden Kriterien, um uns produktiv zu fühlen? Und warum haben wir eigentlich stets das Bedürfnis, uns produktiv zu fühlen?
Inhalt
Bürokrankheit Produktivitäts-Sehnsucht
Häufig höre ich von meinen Kunden, mit denen ich an ihrer beruflichen Neuorientierung arbeite, dass sie gerne mehr mit den Händen schaffen würden und am Ende ein sichtbares Ergebnis haben. Diese Sehnsucht scheint allerdings vor allen Dingen bei uns „Büromenschen“ vorzuherrschen.
Mein Bruder ist Arzt und wenn ich mich mit ihm über das Bedürfnis unterhalte, sich produktiv zu fühlen, dann schaut er mich verständnislos an. An die Frage: War ich heute produktiv? verschwendet er meist keinen Gedanken. Da sind eben seine Patienten, an denen er sieht: so viele Diagnosen habe ich heute gestellt, so viele Beine gegipst, so viele Operationen erfolgreich durchgeführt. Das Ergebnis ist also sichtbar und messbar.
Allerdings kann ich am Ende des Tages auch zählen, wie viele E-Mails ich beantwortet habe und in wie vielen Meetings ich gesessen habe. Ich rate das meinen Kunden sogar manchmal, um dem Gefühl entgegenzuwirken „irgendwie habe ich heute gar nichts geschafft.“ Aber so richtig zufrieden stellt uns diese Liste auch nicht. Messbarkeit und Sichtbarkeit scheint also nicht auszureichen, um zufrieden mit dem Tag abzuschließen. Die meisten von euch kennen sicher das Gefühl: „Ich habe den ganzen Tag gearbeitet, aber am Ende des Tages weiß ich gar nicht, was ich eigentlich gemacht/was ich geschafft habe.“ Das ist frustrierend.
Produktiv sein heißt, etwas Neues zu schaffen
Zu unserer Arbeitszufriedenheit trägt also auch die Qualität unserer Aufgaben bei und dass wir etwas damit schaffen. Produktiv sein, darin steckt das Wort „Produkt“. In der täglichen Büroarbeit gibt es oft kein richtiges Produkt. Um das zu kompensieren, lassen wir uns einfach künstliche Produkte einfallen, wie etwa Meetings. Damit landen wir allerdings geradewegs in der Produktivitätsfalle. Denn oft halten uns diese Abstimmungsschleifen von der eigentlichen Arbeit ab. Sie nehmen uns die Zeit, richtig nachzudenken, neue Ideen zu entwickeln, um etwas Neues zu schaffen. Darum geht’s doch eigentlich bei dem Bedürfnis produktiv zu sein.
Produktivität ist ein subjektives Gefühl
Nun ist es allerdings unrealistisch, dass wir am laufenden Band neue Ideen und Produkte entwickeln und trotzdem sind die meisten von uns ja zufrieden mit ihrem Job und haben auch nicht andauernd das Gefühl unproduktiv zu sein.
Mein Mann hat zum Beispiel immer seinen „Admin-Freitag“. Freitags erledigt er all die administrativen Dinge, die so anfallen und mit denen er sich unter der Woche nicht aufhalten will, weil sie ihn von seinen Kernaufgaben abhalten. Freitags Abend sagt er dann oft zufrieden: „Heute war ich echt produktiv, ich habe viel weggeschafft.”
Ich stolpere über das Wort „wegschaffen“, denn es steht dem Gedanken etwas Neues zu schaffen entgegen. Und trotzdem können wir uns dadurch offensichtlich produktiv fühlen. Genauso wie auch beim Putzen oder wie ich beim Gärtnern. Dabei stellen wir beim Putzen oder auch beim Abarbeiten der administrativen Aufgaben eigentlich nur den Ausgangszustand wieder her und sorgen für einen leeren Schreibtisch oder eine saubere Wohnung. Sich produktiv zu fühlen, hängt also auch maßgeblich vom eigenen Sinnerleben ab. Was brauche ich gerade? Für den einen ist das ein leeres E-Mail- Postfach, für den anderen ein leerer Schreibtisch und für den nächsten eine saubere Wohnung. In diesem Sinne ähnelt unser „Erledigen“ von angestauten Aufgaben einem persönlichen Befreiungsschlag, der uns dann wieder arbeitsfähiger und zufriedener macht. So gesehen, entsteht also doch etwas Neues, und zwar in uns selbst.
Wenn ich also einen Sinn für mich in der jeweiligen Aufgabe sehe, dann stellen wir unsere Produktivität auch nicht ständig in Frage, dann können auch mal Tage ohne konkretes Ergebnis verstreichen. Wichtig ist allein mein Gefühl, dass es nicht vergebens war, denn das Große Ganze passt.
Meine Produktivitäts-Tipps für dich
Wenn du dich also hier auch angesprochen fühlst und dich das Gefühl unproduktiv zu sein, unzufrieden werden lässt, dann sind hier meine Tipps für dich:
- Notiere dir am Ende eines Tages genau, was du im Einzelnen alles gemacht hast
- Erstelle To Do-Listen für den Tag oder deine Woche
- Bewerte welche dieser Aufgaben wichtig für dich sind, welche dir sinnvoll erscheinen, weil sie dich weiterbringen (und sei es nur, dass sie dir ein Gefühl vermitteln von „jetzt blockiert mich nichts mehr“). Diese Aufgaben haben dann Priorität für dich.
- Wenn es zu wenige dieser Aufgaben auf deiner Liste gibt, dann überlege dir:
- Was ist gerade wirklich wichtig für mich?
- Was brauche ich, um weiter zu kommen?
- Was bedeutet weiterkommen überhaupt gerade für mich?
- Oder sprich mich an und wir finden heraus, was dich in die Produktivität bringt und dir mehr Zufriedenheit schenkt:-)